Der ROI von betrieblicher Gesundheitsförderung und -management: Eine wissenschaftliche Analyse
In der modernen Arbeitswelt sind Investitionen in die Gesundheit der Mitarbeiter nicht nur eine Frage der Fürsorge, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit. Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) bieten Unternehmen die Möglichkeit, sowohl das Wohlbefinden der Belegschaft zu verbessern als auch signifikante finanzielle Vorteile zu erzielen. Doch wie wirksam sind diese Maßnahmen tatsächlich? Und welche spezifischen Bereiche zeigen die größten wirtschaftlichen Erträge?
Die ökonomischen Vorteile von BGF: Eine umfassende Analyse
Zahlreiche Studien bestätigen den positiven Return on Investment (ROI) von gesundheitsfördernden Maßnahmen. Die Meta-Evaluation von Chapman (2012) zeigt beeindruckende Ergebnisse: Für jeden investierten Dollar in BGF-Maßnahmen werden 4 Dollar an medizinischen Ausgaben eingespart. Diese Einsparungen resultieren aus reduzierten Arztbesuchen, geringeren Medikamentenkosten und verringerten Krankenständen.
Zusätzliche Studien, wie das Review von Baicker et al. (2010), bestätigen ebenfalls den wirtschaftlichen Nutzen, auch wenn die ROI-Berechnungen hier etwas konservativer ausfallen. Mit einem ROI von 1:3,27 Dollar für medizinische Kosten und 1:2,73 Dollar für Fehlzeiten bleibt die Investition in Gesundheitsförderung klar wirtschaftlich vorteilhaft. Baxter et al. (2014) erweitern diese Perspektive und zeigen einen ROI von 1,38, was einer Rendite von 138 % entspricht.
Dabei betonen die Autoren, dass die methodologische Qualität und das Studiendesign einen Einfluss auf die Höhe des geschätzten ROI haben. Hochwertige Studien tendieren dazu, geringere, aber realistischere und beständigere Ergebnisse zu liefern.
Die Schlüsselbereiche für kosteneffiziente Gesundheitsmaßnahmen
Muskel-Skelett-Erkrankungen: Maßnahmen zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen sind besonders kosteneffektiv. Diese Art der Prävention hilft, häufige und teure Beschwerden wie Rückenschmerzen zu vermeiden, was zu erheblichen Einsparungen bei den Krankheitskosten führt.
Psychische Gesundheit: Auch Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit zeigen sich als äußerst effektiv. Investitionen in Programme zur Stressbewältigung und psychologischen Unterstützung reduzieren Krankheitsausfälle und steigern die allgemeine Produktivität der Mitarbeiter.
Andere präventive Maßnahmen: Hierzu gehören eine Vielzahl von Initiativen, die sich auf allgemeine Gesundheitsförderung und Prävention konzentrieren. Auch wenn diese Maßnahmen weniger spezifisch sind, tragen sie dennoch zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit bei und bieten wirtschaftliche Vorteile.
Die Investitionen: Ein Überblick
Die Bedeutung von BGF und BGM wird auch durch die steigenden Investitionen in diesen Bereichen unterstrichen. Laut Statistischem Bundesamt betrugen die Ausgaben der Arbeitgeber im Jahr 2018 etwa 1.200 Mio. Euro. Bis zum Jahr 2022 stiegen diese Ausgaben auf 1.800 Mio. Euro an, was einen Anstieg von 50 % innerhalb von vier Jahren darstellt. Auch die Ausgaben der Krankenkassen für betriebliche Gesundheitsförderung nahmen kontinuierlich zu. Im Jahr 2018 lagen die Ausgaben bei etwa 150 Mio. Euro. Bis 2022 stiegen diese Ausgaben auf 257,4 Mio. Euro an, was einem Anstieg von rund 71 % entspricht.
Diese Entwicklung zeigt, dass die Bedeutung von betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) und betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) in den Unternehmen zunehmend erkannt und priorisiert wird. Der kontinuierliche Anstieg der Investitionen spiegelt das wachsende Bewusstsein für die Notwendigkeit wider, die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern und zu schützen, um langfristig sowohl das Wohlbefinden der Belegschaft als auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.
BGM: Ein integrativer Ansatz für nachhaltigen Erfolg
Während BGF-Maßnahmen direkt auf das Verhalten der Mitarbeiter abzielen, geht das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) einen Schritt weiter, indem es umfassende organisatorische und strukturelle Veränderungen umfasst. Das Review von Sultan-Taïeb et al. (2017) zeigt, dass ergonomische Interventionen, die auf organisatorischer Ebene implementiert werden, ebenfalls positive wirtschaftliche Effekte haben.
Ein aktuelles systematisches Review von Thonon et al. (2023) bestätigt diese positiven Effekte und zeigt auf, dass von den 138 analysierten Interventionsstudien aus den USA und Europa 56,5 % eine positive ROI-Berechnung aufwiesen. Die Studien unterscheiden zwischen organisationalen Interventionen (Veränderung der Organisation oder des Managements), technischen Interventionen (Eingriffe, die die Ausrüstung oder den physischen Raum verändern) sowie menschzentrierten Interventionen (gesundheitserzieherische Maßnahmen zur Verhaltensänderung). In allen drei Bereichen zeigten rund 50 % der Interventionen positive ROI-Berechnungen, während 5-12 % negative und 5-10 % neutrale Ergebnisse erzielten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein ganzheitliches BGM, das sowohl verhaltens- als auch verhältnispräventive Maßnahmen integriert und auf individuelle Gesundheitsförderung und organisatorische Optimierung setzt, langfristig zu signifikanten wirtschaftlichen Vorteilen führen kann.
Ausblick: Der Weg zu einem erfolgreichen BGM
Die Analyse der wirtschaftlichen Vorteile von BGF und BGM zeigt klar, dass Investitionen in die Gesundheit der Mitarbeiter sich langfristig auszahlen. Im nächsten Blogbeitrag werden wir tiefer in die verschiedenen Elemente eines ganzheitlichen BGM eintauchen und konkrete Schritte zur erfolgreichen Umsetzung beleuchten. Die Notwendigkeit eines integrativen Ansatzes, der sowohl präventive Maßnahmen als auch strukturelle Veränderungen umfasst, wird dabei besonders im Fokus stehen.
Unternehmen, die heute in ein umfassendes BGM investieren, legen den Grundstein für ihren zukünftigen Erfolg. Der ROI spricht eine klare Sprache: Ein gesundes Team ist nicht nur zufriedener, sondern auch produktiver und kosteneffizienter.
Ihr Team VisionGesund.
Weiterführende Literatur:
Chapman (2012). Meta-Evaluation of Worksite Health Promotion Economic Return Studies: 2012 Update. American Journal of Health Promotion, 26 (4).
Baicker , K., Cutler, D. M. & Song, Z. (2010). Workplace Wellness Programs Can Generate Savings. Health Affairs 29(2):304-11
Thonon, F., Godon-Rensonnet, A.-S., Perozziello, A., Dab, W. & Emsalem, P. (2023). Return on investment of workplace-based prevention interventions: a systematic review. European Journal of Public Health, 33 (4), 612–618
Iga-Report40 (2018). Wirksamkeit und Nutzen arbeitsweltbezogener Gesundheitsförderung und Prävention
Baxter, S., Sanderson, K., Venn, A. J., Blizzard, C. L. & Palmer, A. J. (2014). The relationship between return on investment and quality of study methodology in workplace health promotion programs. American Journal of Health Promotion. 28(6):347-63.
Lutz, N., Taeymans, J., Ballmer, C., Verheaghe N., Clarys, P. & Delienns, T. (2019). Cost-effectiveness and cost-benefit of worksite health promotion programs in Europe: a systematic review. The European Journal of Public Health, Vol. 29, No. 3, 540–546
Sultan-Taïeb, H., Parent-Lamarche, A., Gaillard, A., Stock, S., Nicolakakis, N., Hong, Q. N. et al. (2017). Economic evaluations of ergonomic interventions preventing work-related musculoskeletal disorders: a systematic review of organizational-level interventions. BMC Public Health, 17 (935).
Grimani A., Bergström G., Casallas M.I.R., Aboagye E., Jensen I. & Lohela-Karlsson M. (2018). Economic Evaluation of Occupational Safety and Health Interventions From the Employer Perspective: A Systematic Review. Journal of Occupational and Environmental Medicine 60(2):p 147-166
Statistisches Bundesamt (2024). Gesundheitsausgaben von Arbeitgebern in Deutschland
Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (2020). #whatsnext – Erfolgsfaktoren für gesundes Arbeiten in der digitalen Arbeitswelt.
Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (2022) #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt.
DEKRA Arbeitssicherheitsreport 2018/2019
DEKRA Arbeitssicherheitsreport 2023
Bildernachweis:
Urheber*in: Roger Brown / Pexels