Stressresilienz als gefragtes Softskill…
In heutigen Bewerbungsprozessen ist Stressresilienz ein zentrales Thema. Oft steht sie bereits ganz oben in den Stellenanzeigen und fungiert als wichtiges Softskill, das Arbeitgeber abfragen und sogar erwarten. Kannst du mit Stress umgehen? Bleibst du bei hoher Belastung ruhig und effektiv? Das sind Fragen, auf die der Wunschkandidat eine positive Antwort liefern sollte.
Denn die Zahlen der psychisch bedingten Ausfälle am Arbeitsplatz steigen weiterhin an. Arbeitnehmer:innen sehen sich heutzutage mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert, die psychische Beschwerden verursachen können. Stress ist dabei ein allgegenwärtiges Phänomen. Zahlreiche Studien haben bereits auf diesen Trend hingewiesen. Kürzlich wurde die neue Trendstudie # whatsnext der TK veröffentlicht, die zu demselben Ergebnis kam: In den letzten zehn Jahren ist die durchschnittliche Anzahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Belastungen kontinuierlich angestiegen. Im Jahr 2012 waren TK-versicherte Beschäftigte durchschnittlich 2,46 Tage mit einer psychischen Diagnose krankgeschrieben, während es im Jahr 2022 bereits 3,33 Fehltage waren. Das entspricht einem Anstieg von über 35 Prozent. Die zunehmende Stressbelastung in der Arbeitswelt lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen, darunter hohe Arbeitsanforderungen, technologische Fortschritte, Unsicherheit und Flexibilität sowie Multitasking.
Quelle: IFGB, Techniker Krankenkasse, personal magazin (2023): #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt
Eustress versus Distress
Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf wahrgenommene Herausforderungen und Belastungen. In bestimmten Situationen kann Stress positive Effekte haben, da er als Motivations- und Anpassungsmechanismus wirken kann. Man spricht dabei auch von Eustress, also positivem Stress für einen kurzen Zeitraum. Allerdings kann chronischer oder übermäßiger Stress zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Hier spricht man von Distress, also negativem Stress über einen längeren Zeitraum.
Bei Stress schüttet der Körper Hormone aus, um die Kampf- oder Fluchtreaktion des Körpers zu aktivieren. Wenn der Stress anhält und diese Hormone kontinuierlich freigesetzt werden, kann dies zu einer Überlastung des Körpers führen. Langfristig kann das Immunsystem geschwächt, Entzündungen gefördert und das Risiko für verschiedene Krankheiten wie auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht werden. Distress hat zudem große Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden. Chronischer Stress wird häufig mit der Entwicklung von Angststörungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Aber auch verminderte Belastbarkeit, Konzentrationsschwäche oder destruktive Coping-Mechanismen, wie erhöhtem Alkoholkonsum, Rauchen, ungesunder Ernährung oder unzureichendem Schlaf gehen mit Distress einher.
Konstruktive Copingstrategien und ihre Anwendung in der Arbeitswelt
Natürlich können die Auswirkungen von Stress individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Neben Faktoren wie persönlicher Resilienz oder genetischer Veranlagung hängen sie entscheidend mit den Bewältigungsmechanismen bzw. Copingstrategien zusammen. Denn als natürliche Reaktion auf Stress werden wir uns zunächst bemühen, mit den Anforderungen umzugehen, die uns Stress verursachen oder unsere Ressourcen überfordern oder überschreiten. Dieser Prozess wird als „Coping“ bezeichnet und beschreibt die Art und Weise, wie wir versuchen mit Stress umzugehen. Das Thema „Coping“ ist in der Psychologie weit verbreitet, gemäß dem Stress-Modell von Lazarus gibt es drei zentrale Bewältigungsstrategien:
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- Emotionsorientiertes Coping: Die eigenen emotionalen Reaktionen zu reduzieren oder zu regulieren ist der Fokus dieser Copingstrategie. Dies beinhaltet den Umgang mit Gefühlen durch Methoden wie Entspannungstechniken, Ablenkung oder die Suche nach sozialer Unterstützung. In der Arbeitswelt werden hier vor allem Achtsamkeitsübungen eingesetzt, sowie Sensibilisierung in Form von Impulsen und Workshops zum Umgang mit Emotionen am Arbeitsplatz.
- Kognitives Coping: Hier geht es darum, die eigenen Denkmuster und Gedanken über den Stressor zu verändern. Positive Umdeutung, Reframing oder das Annehmen einer optimistischen Denkweise sind Beispiele für kognitive Coping-Strategien. In der Arbeitswelt kommen Workshops und Impulse zur positiven Psychologie, positiven Führung und positiven Fehlerkultur zum Einsatz. Insbesondere auf der Führungsebene sind diese Maßnahmen sinnvoll, da Führungskräfte als Multiplikatoren dienen.
- Problemorientiertes Coping: Diese Strategie beinhaltet den aktiven Umgang mit dem Stressor selbst. Man konzentriert sich darauf, den Stressor zu analysieren, Lösungen zu finden und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Stressquelle zu reduzieren oder zu beseitigen. In der Arbeitswelt kommt hier das instrumentelle Stressmanagement zum Einsatz, insbesondere die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung.
Wichtiges Instrument in der Arbeitswelt: Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Die psychische Belastung am Arbeitsplatz bezieht sich auf die Summe aller Einflüsse, denen Arbeitnehmer:innen ausgesetzt sind und die sich negativ auf ihre psychische Gesundheit auswirken können. Dazu gehören beispielsweise hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck, mangelnde Unterstützung, Konflikte am Arbeitsplatz und unsichere Beschäftigungsverhältnisse, aber auch Organisation und Arbeitsumgebung. Um diese potenziellen Risiken zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ein gesundes Arbeitsumfeld für die Mitarbeitenden zu schaffen, wurde die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung entwickelt und in der Leitlinie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) festgeschrieben.
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist also ein Instrument, das Unternehmen dabei unterstützt, die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu identifizieren, zu bewerten und zu bewältigen. Sie ist ein integraler Bestandteil des betrieblichen Gesundheitsmanagements und hilft Arbeitgebern, die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen zu schützen.
Die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung erfolgt für gewöhnlich einheitlich in den folgenden Schritten, welche wir Ihnen auch in unserer Online Tutorial Reihe zusammengestellt haben:
Schritt 1: Die Einteilung der Arbeitsbereiche
Schritt 2: Die Auswahl der richtigen Analyseinstrumente
Schritt 3: Die Beurteilung psychischer Belastungen
Schritt 4: Die Maßnahmenplanung
Schritt 5: Die Wirksamkeitskontrolle
Schritt 6: Die Aktualisierung der psychischen Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation
Planen Sie die Durchführung von Workshops zum Thema Stressmanagement oder Achtsamkeit oder einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in Ihrem Unternehmen? Wenn Sie dabei Unterstützung benötigen, kommen Sie gerne auf uns zu und nutzen unser Angebot! Ob digital oder in Präsenz – wir sind für Sie da!
Bleiben Sie bewegt und bleiben Sie gesund!
Ihr Team VisionGesund.
Weiterführende Literatur:
IFGB, Techniker Krankenkasse, personal magazin (2023): #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt
baua: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Stress im Betrieb? Handlungshilfen für die Praxis
aerzteblatt.de: Richard Lazarus (1922-2002): Theorie zur Stressbewältigung
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