Die Gedanken rasen durch den Kopf
Wer kennt das nicht: Während man verzweifelt versucht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, schießen einem unaufhörlich Gedanken durch den Kopf. Wie scharfe Pfeile durchqueren sie den schmalen Pfad der Konzentration, wobei ein Gedanke oft den nächsten nach sich zieht: Was steht heute Abend auf dem Speiseplan? Wer übernimmt den Einkauf? Nicht vergessen, das Geburtstagsgeschenk zu besorgen! Wann genau war nochmal die Feier? Ah, der Arzttermin – den muss ich unbedingt rechtzeitig absagen. Habe ich eigentlich das Zeitschriftenabo schon gekündigt, oder buchen die weiterhin ab? Die Steuererklärung ist längst überfällig. Oh nein, es regnet. Hoffentlich stecke ich nicht im Stau, sonst müssen die Kinder warten. Haben sie überhaupt passende Regensachen? Und die Winterjacken müssen dringend wieder aus dem Keller geholt werden….
Die Unsichtbare Verantwortung
Diese Gedanken und Aufgaben prasseln unaufhörlich auf uns ein, eine unsichtbare Last, die nicht nur den physischen Alltag, sondern auch den mentalen Raum dominiert. Das Phänomen, bekannt als Mental Load, beschreibt die unsichtbare Verantwortung und Organisation von Aufgaben, die oft unbemerkt auf den Schultern Einzelner lasten. Die alltäglichen Entscheidungen und Organisationen erstrecken sich über vielfältige Bereiche des Lebens und können zu einer zuweilen schweren mentalen Belastung heranwachsen.
Die Herausforderung besteht darin, dass Mental Load nicht sichtbar ist. Die unaufhörliche To-Do-Liste im Kopf, die Planung von Aktivitäten, die Organisation von Terminen und die Antizipation von Bedürfnissen anderer sind unsichtbare Aufgaben, die weit über die offensichtlichen Verpflichtungen hinausgehen.
Geschlechtsspezifische Ungleichheit im Blickpunkt
Der aktuelle WSI Report (Nr. 87) deckt mit klaren Worten geschlechtsspezifische Ungleichheit auf. Die Autoren definieren darin, dass der Mental Load eine zentrale Dimension partnerschaftlicher und geschlechtsspezifischer Ungleichheit darstellt. Die Analyse quantitativer Daten verdeutlicht, wie sich der Mental Load zwischen Männern und Frauen in Haushalten mit und ohne Kinder sowie in Vollzeit- und Teilzeiterwerbstätigkeit verteilt. Dies markiert einen bedeutenden Fortschritt bei der Schließung bestehender Forschungslücken.
Die Last der Frauen
Die Erkenntnisse des Berichts zeigen, dass Frauen überwiegend den Mental Load tragen, insbesondere wenn es um kognitive Arbeit im Haushalt geht. Diese kognitive Arbeit umfasst alltägliche Aufgaben wie das Erstellen von To-Do-Listen, die Vereinbarung von Terminen und das Erinnern an diese – kurz gesagt, die Organisation rund um den Haushalt und die Familie. Frauen fühlen sich zudem durch diese Tätigkeiten stärker belastet als Männer, wodurch der Mental Load in Deutschland zugunsten von Frauen ungleich verteilt ist. Besonders deutlich wird dieser Unterschied, wenn Kinder im Haushalt leben. Der Mental Load von Frauen steigt signifikant an, da Kinder zusätzliche kognitive Arbeit bedeuten. Die Organisation von Arztterminen, die Planung von Kindergeburtstagen und Freizeitaktivitäten sind Beispiele für Aufgaben, die den Mental Load von Frauen weiter erhöhen.
Doch wie können wir gegen diese unsichtbare Belastung angehen?
Klare Kommunikation und Aufgabenverteilung: Eine bewusste Anerkennung und Aufteilung der Verantwortlichkeiten im Haushalt ist ein erster Schritt. Die Kommunikation über die wahrgenommenen Aufgaben und die gemeinsame Planung kann dazu beitragen, die Last auf mehrere Schultern zu verteilen.
Priorisierung und Delegation: Darüber hinaus ist es entscheidend, klare Prioritäten zu setzen und gelegentlich bewusst einen Schritt zurückzutreten. Das Delegieren von Aufgaben an andere Familienmitglieder oder Teammitglieder kann die Belastung verringern. Dabei ist es wichtig von seinen eigenen Vorstellungen und dem eigenen Perfektionismus einmal loszulassen .
Selbstfürsorge und Stressbewältigung: Das Erlernen von Stressbewältigungsstrategien und die Einführung von Selbstfürsorgepraktiken können dazu beitragen, die mentale Last zu erleichtern.
Technologische Unterstützung: Die Nutzung von Apps oder Tools zur gemeinsamen Organisation von Aufgaben und Terminen kann die Kommunikation und Koordination erleichtern.
Betriebliche Maßnahmen zur Entlastung: Betriebliche Maßnahmen sind entscheidend, um den Mental Load zu bewältigen und die ungleiche Verteilung von Haus- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern anzugehen. Hierbei spielen Führungskräfteschulungen eine Schlüsselrolle, um eine progressive Betriebskultur zu fördern.
Flexible Arbeitsmodelle und Angebote:
Die Aktivierung von betrieblichen und gesetzlichen Angeboten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist essenziell. Vorgesetzte und Personalverantwortliche können durch ihre Unterstützung eine partnerschaftliche Arbeitsteilung fördern.
Zeitmanagement: Effektives Zeitmanagement kann helfen, den Fokus auf wichtige Aufgaben zu legen und unnötigen Stress zu reduzieren.
Gezielte Bewältigung durch den Blick auf das große Ganze
Die Anerkennung und gezielte Bewältigung des Mental Loads sind entscheidende Schritte auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Gesundheitsfürsorge, auch im betrieblichen Setting. Es bedarf eines umfassenden Ansatzes, also eine Kombination von individuellem Bewusstsein, Förderung von partnerschaftlichem Handeln in der Familie oder im Team sowie strukturellen Veränderungen auf gesellschaftlicher oder betrieblicher Ebene, um den Mental Load zu reduzieren und gleichzeitig Geschlechtergerechtigkeit zu fördern.
Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung bieten wir Ihnen gerne vertiefende Workshops oder Vorträge zu Themen wie Mental Load, gesundes Führen oder Stressbewältigung an. Darüber hinaus vermitteln wir Entspannungs- und Zeitmanagementtechniken. Kontaktieren Sie uns für ein auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes, personalisiertes Angebot.
Bleiben Sie entspannt und zögern Sie nicht, auch mal einige Aufgaben abzugeben!
Ihr Team VisionGesund.
Weiterführende Literatur:
WSI Report (2023) der Hans Böckler Stiftung: Mental Load – Frauen tragen die überwiegende Last
Zeit Online: Das bisschen Haushalt
MentalLoad.de: Die besten Apps für deinen MentalUnload
Bildernachweis:
Urheber*in: Ketut Subiyant / Pexels