Nach der Arbeit noch ins Fitnessstudio oder ein Dauerlauf in der Natur – befreiend oder sogar physische und psychische Belastung? Forscher*innen fanden nun in einer groß angelegten Metaanalyse diverser Studien heraus, dass die Arbeitsbedingungen maßgeblichen Einfluss auf die Freizeitgestaltung haben.
Hohe Anforderungen bei der Arbeit
Vor allem Personen, deren berufliche Tätigkeit mit hohen oder vielen verschiedenen Anforderungen verknüpft ist, stehen unter einer enormen psychischen Belastung am Arbeitsplatz.
Unter psychischer Belastung versteht man dabei nach der publizierten Norm EN – ISO 10075-1:2000 „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“.
Damit ist die psychische Belastung an sich ein neutraler Begriff. Erst, wenn es zu psychischen (oder auch physischen) Fehlbelastungen kommt, wird die Belastung zu negativem Ballast.
Psychische Belastung…
Das berufliche Belastungsprofil setzt sich zusammen aus der Arbeitsaufgabe und ihrer Organisation, dem sozialen Umfeld und der Arbeitsumgebung sowie -form.
Wie mit diesen psychischen Belastung umgegangen wird, hängt wiederum von individuellen Faktoren, der Persönlichkeit, den bisherigen Kenntnissen oder den Erfahrungen ab. Je nach Ausmaß und Umgang können all diese Aspekte zu negativen Belastungsfaktoren werden – dann spricht man von psychischen Fehlbelastungen.
… als negativer Ballast: Gratifikationskrise, Krankheiten und Risiken
Der Medizinsoziologe Johannes Siegerist entwarf hierzu das Modell der Gratifikationskrise: Wenn eine Person sich bspw. im Job stark verausgabt und keinerlei Gegenleistung – z.B. in Form von materieller oder auch sozialer Wertschätzung – erhält, steigt ihr Krankheitsrisiko.
Hierzu zählen sowohl psychische als auch physische Erkrankungen, da die Körperfunktionen als ganzheitliches System ineinander übergreifen: Körperlich Erkrankte sind häufig auch mental geschwächt und niedergeschlagen; ebenso kann mentales Unwohlsein sich negativ auf das körperliche Befinden oder das gesundheitliche Verhalten wie Ernährung, Konsum, Bewegung oder Schlaf auswirken – was ebenfalls zu physischen Beeinträchtigungen führen kann.
Im weiteren Feld dieses Wechselkreises wird natürlich auch die Arbeitsleistung der betroffenen Person von deren Erkrankung beeinflusst: Konzentration, Innovation und Motivation – all diese Punkte hängen letztendlich von der gesundheitlichen Verfassung der/des Arbeitnehmers/in ab.
… als positiver Antrieb: Gesundheitsfördernde Verhältnisse schaffen Gesundheitsbewusstsein!
Psychische Belastungen vermeiden? Unmöglich. Psychische Fehlbelastungen vermeiden? Unbedingt! Die richtigen Verhältnisse spielen eine grundlegende Rolle für das richtige bzw. ein gesundheitsbewusstes Verhalten der Mitarbeitenden.
In der bereits angesprochenen Metaanalyse zur psychischen Belastung zeigte sich, dass Arbeitende mit wenig beruflichem Handlungsspielraum mit einer 20 % höheren Wahrscheinlichkeit in ihrer Freizeit nicht sportlich aktiv sind. Auch allgemeiner Stress in Form eines zu hohen Arbeitspensums und/oder zu langen Arbeitszeiten führt in den meisten Fällen zu höherer Inaktivität und gesundheitsschädigenden Verhaltensweisen wie Rauchen oder einer langzeitigen schlechten Schlafqualität.
Hohe Anforderungen kombiniert mit einem hohen Grad an Autonomie werden hingegen als „active jobs“ bezeichnet, die positive Entwicklungsmöglichkeiten darstellen. Hierbei wachsen die Arbeitnehmenden sprichwörtlich an ihren Aufgaben über sich hinaus.
Wie Sie psychische Belastung als positiven Antrieb nutzen, erfahren Sie im zweiten Teil der Reihe.
Ihr Team VisionGesund.
Übersicht der Artikel zur psychischen Belastung in der Arbeitswelt
Psychische Belastung in der Arbeitswelt – wenn alles zu viel wird!
Psychische Belastung in der Arbeitswelt – als positiven Antrieb nutzen?
Weiterführende Literatur:
iga.Report 32 (Initiative Gesundheit und Arbeit): Hiltraut Paridon; Jasmin Mühlbach (2016): Psychische Belastung in der Arbeitswelt. Eine Literaturanalyse zu Zusammenhängen mit Gesundheit und Leistung.
GDA-Arbeitsprogramm Psyche (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie); BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales)(2017): Arbeitsschutz in der Praxis. Psychische Arbeitsbelastung und Gesundheit.
DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung Spitzenverband): Psychische Belastung. Stand: 21.08.2019.
Neurologen und Psychiater im Netz: Arbeitsleben: Belastungsfaktoren.
arbeitsschutzgesetz.org: Wie sich psychische Belastung am Arbeitsplatz bemerkbar macht.
gda-psyche (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie: Arbeitsschutzprogramm Psyche): Belastungs- und Beanspruchungsmodell.
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