Work-Like-Balance oder Work-Life-Blending?
Dies sind die neuen, viel diskutierten Begriffe, welche die Arbeitssituation im Home oder Mobil-Office umschreiben. Fördern Konzepte des mobilen Arbeitens die Work-Life-Balance, da Fahrtzeiten eingespart und flexibler auf Kinderbetreuung und Pflegeverantwortung eingegangen werden kann? Oder ist die Vermischung von Arbeit und Privatem, also dem Work-Life-Blending, ein zusätzlicher stresstreibender Faktor? Tatsächlich sind die Umfrage-Ergebnisse aktueller Studien durchmischt, doch zeichnet sich ein klarer Trend ab.
Positiver Trend für die Work-Life-Balance:
Laut WSI Report 54 der Hans-Böckler-Stiftung beantworten 52% die Frage nach einer besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben im Home- oder Mobil-Office mit Ja. Auch private Studien zeigen interessante Ergebnisse, obgleich diese sicherlich aus dem Blickwinkel der Autor:innen gelesen werden sollten. Wie die Umfrage des Software-Bewertungsportals Capterra: Hier waren es sogar 59%, die dem Home-Office oder Mobil-Office gefühlt eine bessere Work-Life-Balance zuschreiben.
Vermischung von Arbeit und Privatleben:
Dabei ist laut WSI-Report auch die Vermischung von Arbeit und Privatem, dem Work-Life-Blending, ein auffälliges Merkmal des mobilen Arbeitens. Die Ergebnisse der Capterra Umfrage veranschaulichen dies wie folgt:
– 48 % der Befragten im Home- oder Mobile-Office arbeiten auch am Wochenende.
Nur 38% tun dies beim Arbeiten vor Ort.
– 65 % arbeiten vor oder nach den Arbeitszeiten aus dem Home- oder Mobile-Office.
Nur 49% tun dies beim Arbeiten vor Ort.
– 61 % reagieren aus dem Home- oder Mobil-Office sofort auf Nachrichten auch außerhalb der Arbeitszeiten.
50% tun dies beim Arbeiten vor Ort.
Ein deutlicher Anstieg im Work-Life-Blending von gut 10 Prozentpunkten und doch wird die Work-Life-Balance, also die Vereinbarkeit, als deutlich positiver bewertet.
Ist das widersprüchlich?
Die Autoren des WSI-Reports haben dazu die folgende Erklärung: Die höhere Autonomie, die die Beschäftigten im Home- oder Mobile-Office erleben, ist ausschlaggebend. Arbeitnehmer:innen haben im Home- oder Mobile-Office das Gefühl, ihre Arbeit besser unter Kontrolle zu haben. Dadurch wächst unter anderem auch die Arbeitszufriedenheit. Insbesondere die Flexibilität, die Zeit selbst einteilen zu können, entlastet und stimmt zufrieden. Beispielsweise kann eine längere Mittagspause mit den Kindern am Abend wieder ausgeglichen werden.
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Ipsos GmbH ergab ebenfalls deutlich positivere Wahrnehmungen von Mitarbeitern im Home- oder Mobil-Office. Neben der Work-Life-Balance wurden auch das Wohlbefinden, die Motivation und sogar die Produktivität von Beschäftigten im Home- oder Mobil-Office als positiver bewertet.
Dass jedoch auch jeder Fünfte eine Verschlechterung wahrnimmt, erklärt sich vielleicht indem die Lebenssituation der im Home-Office arbeitenden Mitarbeiter:innen näher betrachtet wird. Mitarbeiter:innen, die mit ihrem/ihrer Partner:in und Kindern zusammenleben, sind motivierter bei der Arbeit von zu Hause. Dagegen sind Alleinlebende zu Hause scheinbar unmotivierter.
Betriebliche Bedingungen für eine gute Vereinbarkeit im Home- oder Mobile-Office:
Für Unternehmen gilt, ihre Mitarbeiter:innen auch im Home-Office bzw. Mobil-Office optimal zu unterstützen und die Vereinbarkeit zu fördern, denn insgesamt ist ein Trend deutlich: Dass das mobile Arbeiten auch nach der Pandemie möglich bleibt, ist der mehrheitliche Wunsch….
– In der Studie der Bertelsmann-Stiftung/Ipsos GmbH bewerten 81% der Befragten die Arbeit von zu Hause aus als positiv bis sehr positiv.
– Eine internationale Umfrage des Software-Anbieters Altassian ergab, dass 45% der Befragten in Deutschland einen Mix aus Home-Office und Büro wünschen. 16% würden es sogar vorziehen, ausschließlich aus dem Home-Office zu arbeiten.
– Laut der Capterra Umfrage sind es nur 9%, die sich wünschen, wieder vollständig im Büro zu arbeiten.
Damit die Work-Life-Balance tatsächlich durch das flexible Arbeiten im Home- oder Mobil-Office verbessert wird, bedarf es betrieblicher Vereinbarkeitsmaßnahmen. Folgende drei betriebliche Bedingungen für eine gute Vereinbarkeit von Arbeit und Privatem im Home- und Mobile-Office sind zentral:
1. Kontrolle über den Arbeitsort
Die Möglichkeit, selbst entscheiden zu können, spielt eine wichtige Rolle. Laut WSI-Report sind Arbeitnehmer:innen, die mitentscheiden dürfen, wo sie arbeiten, weniger gestresst, erkranken seltener an Burnout bzw. Depression, haben seltener Kündigungsabsichten und sind zufriedener im Job.
2. Wahrgenommene Unterstützung der Vorgesetzten
Home und Mobile-Office führen dann zu Vereinbarkeitsproblemen, wenn sich die Mitarbeiter:innen nicht vom Vorgesetzten unterstützt fühlen. Unterstützung durch Vorgesetzte kann emotional (in Form von Verständnis) oder instrumentell (in Form von Organisation) erfolgen oder indem sie als Vorbild zum Beispiel für die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie agieren. Fühlen sich Mitarbeiter:innen unterstützt, empfinden sie deutlich weniger Vereinbarkeitsprobleme.
3. Klare Beurteilungskriterien
In die Beurteilung von Mitarbieter:innen fließt viel persönliche Meinung des/der Vorgesetzen ein. Da gerade die Abwesenheit aus dem Büro noch stigmatisiert wird, entstehen Unsicherheiten, die leicht zu Stress führen. Klare Beurteilungskriterien geben Beschäftigen im Home- und Mobile-Office Sicherheit und fördern so die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
In den Niederlanden wurden die Vorteile der besseren Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Pflege im Home- oder Mobile-Office bereits erkannt und gesetzlich manifestiert. Durch das neue Home-Office-Gesetz können Mitarbeiter:innen auf Wunsch einen Teil Ihrer Arbeitszeit flexibel einteilen und von zu Hause aus arbeiten.
Fazit:
Work-life-Balance und Work-life-Blending sind zwei Phänomene, die dank des mobilen Arbeitens neue Wichtigkeit erhalten. Sie sind nicht konträr, sondern ergänzen sich. Natürlich empfindet das nicht jeder so. Menschen, Lebenssituationen und Bedürfnisse sind sehr unterschiedlich. Aber ein Trend zeichnet sich doch ab: Der frische Wind in der Arbeitswelt, mit bis dato starker Präsenzkultur, ist wohltuend, fördert Mitarbeiterzufriedenheit und bietet gerade Menschen mit Doppelbelastungen neue Möglichkeiten.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine gute Arbeitswoche – und denken Sie daran, Ihren Computer am Ende eines Tages tatsächlich herunterzufahren und abzuschalten!
Ihr Team VisionGesund.
Alle Beiträge der Serie Gesund im Home-Office
#1 Köstliche Küche in der Krise – gesunde Ernährung im Home-Office
#2 Team-Work – work from home? – Team-Zusammenhalt im Home-Office
#3 Power für die Psyche – gesundes Mindset im Home-Office
#4 Bewegung im heimischen Büro – aktives Arbeiten im Home-Office
Außerdem interessant:
Unser Leistungspaket „Gemeinsam einsam im Home-Office“: Wir unterstützen Sie dabei das Teamgefühl im Home-Office zu fördern und sozialer Vereinsamung entgegenzuwirken.
Weiterführende Literatur:
WSI Report Nr. 54, (2020): Work-Life-Balance im Home-Office. Was kann der Betrieb tun?. Hans-Böckler-Stiftung, Wirtschafts-und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI), Düsseldorf.
IPSOS White Paper (2021) Home-Office. Eine Erfolgsstory mit Schattenseiten. Bertelsmann-Stiftung, Ipsos GmbH
Capterra Umfrage (2021) “Personalwesen im Zeitalter von Home-Office und Wohlbefinden” Umfrage (2021)
Capterra: Work-Life-Blending – Wie die Grenzen zwischen Arbeitsplatz und Privatleben verschwimmen
Heise-Online/Altassian: Studie: Homeoffice bedroht Work-Life-Balance:
Impulse: Home-Office-Gesetz: Niederländer dürfen jetzt zuhause arbeiten
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